März: aller Anfang ist schwer
Anfang März fällt der Startschuss für das Klimagarten-Projekt an der Kantonsschule Uetikon am See. Auf dem Schulgelände der noch sehr jungen Kantonsschule am rechten Züriseeufer sollen zwei Gewächshäuser für Pflanzenversuche entstehen. Doch bereits der Aufbau der grundlegenden Infrastruktur stellt die Biologiefachschaft vor grosse Herausforderungen. Neben dem regulär laufenden Schulalltag ist der nötige Arbeitsaufwand schlicht nicht zu schaffen. Entsprechend froh sind wir um die beiden ETH-Mitarbeiter, die uns zwei volle Tage lang beim Aufbau unterstützen, worauf wir schliesslich vor unseren zwei Gewächshäusern stehen.
April: es wird wärmer… und wärmer… und wärmer
Einen ganzen Nachmittag lang schaufeln drei Maturanden im Schweisse ihres Angesichts kubikmeterweise Schnitzel, die den Boden der Gewächshäuser bilden. Damit die Häuschen nicht absinken, hat der Hausmeister passgenaue Holzplattformen errichtet. Der schuleigene Versuchsgarten kann einerseits vom Schulgelände her betreten werden und grenzt andererseits an den öffentlichen Bachweg, auf dem täglich Spazierende vorbeikommen. Mit den steigenden Temperaturen im Frühling zeigt sich, dass die Klimahäuser mit den zur Verfügung gestellten Geräten nicht auf den erwünschten Temperaturen gehalten werden können. Das wissenschaftliche Setting kann daher nicht immer aufrechterhalten werden. Wenn auch die Zielwerte +2 und +5 Grad nicht erreicht werden, ist das qualitative Setting einer erhöhten Temperatur gegeben. Die KUE als noch im Wachstum begriffene Schule hat das Glück, grosszügig mit Arbeitspensen im Bereich des technischen Personals ausgestattet zu sein. Das Betreiben eines Klimagartens bedeutet nicht nur für die Biologielehrpersonen ein zusätzlicher Aufwand, sondern auch für die Laborant:innen.
Mai: Forschungsprojekte so weit das Auge reicht
Der Klimagarten bildet eine schöne technische Ergänzung zu den Gartenbeeten des schuleignen Versuchsgartens. In diesen führen die Schüler:innen der 4. Klassen jeweils im Frühlingssemester zwischen Frühlings- und Sommerferien eigene Forschungsprojekte «KUE-Quadratmeter» durch. Zu zweit erhalten sie ein 1m2 grosses Beet und realisieren basierend auf ihrem pflanzenphysiologischem, ökologischen und zellbiologischen Vorwissen Projekte. Sie formulieren spannende Problemstellungen, designen daraus eine Experimentanordnung, setzen diese während mehrerer Wochen selbständig um und präsentieren zum Schluss die erarbeiteten Forschungsergebnisse. Das Ziel ist, dass die Jugendlichen die naturwissenschaftliche Denkweise selbstwirksam kennenlernen und ein Gespür für die praktische Machbarkeit von Experimenten entwickeln. Viele Projektgruppen können hierbei die Klimagarteninfrastruktur für ihre Experimente mit Trockenstress, Hitzetoleranz oder Giessprotokollen nutzen.
Juni: die ETH kommt zu Besuch
Der Mykorrhiza-Workshop unter der Leitung der ETH ist eine ziemliche Herausforderung für die Schüler:innen der 4. Klassen. Vom neu konzipierten Biologielehrplan der KUE, der viel Wert auf Hands-on-Elemente legt, sind sie sich zwar Arbeit in Versuchspraktika gewohnt, doch sind diese meist so ausgewählt, dass sie Erfolg in Form sichtbarer Ergebnisse fast unfehlbar garantieren. Der Workshop ist didaktisch nicht das, was unsere Schüler:innen gewohnt sind, bietet ihnen aber einen Einblick in den Forschungsalltag einer Hochschule. Der direkte Austausch mit Forschenden der ETH ist eine gute Gelegenheit für Schüler:innen des Schwerpunktfachs Biologie, die sich allenfalls eine Zukunft in den Naturwissenschaften vorstellen könnten. Die vom PSC-Team geplanten vier Stunden sind einerseits vom Umfang her an der Grenze, andererseits sind die Versuche und Protokolle fast etwas zu nah an der Realität biologischer Forschung, was die mässigen Erfolgsaussichten einzelner Versuchsdurchgänge angeht. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass Aubergine und Lauch nicht die idealen Versuchspflanzen abgeben. In diesem Feld vermissen wir einen griffigen Knowhow-Transfer von Schulen, welche das Klimagarten-Projekt in den vergangenen Jahren durchgeführt haben. Von ihren Erfahrungen würden wir viel profitieren, würden diese in geeigneter Form aufbereitet und weitergereicht.
Juli: die Wirkung auf die Öffentlichkeit wächst
Die Sommerferien stehen vor der Tür, die Schülerinnen und Schüler der KUE freuen sich auf fünf Wochen Freiheit. Den Biologielehrpersonen, die zum Semesterende hin so manche Abendstunde in ihrem Büro verbringen, fällt schon seit längerem ein grauhaariger Mann auf, der fast täglich seinen Abendspaziergang um einen Gang durch die Gewächshäuser der KUE erweitert. Manchmal wird er von seinen Enkelinnen, noch im Primarschulalter, begleitet. Froh um einen Vorwand für eine Pause von der Büroarbeit, kommen die Biolog:innen manchmal in den Garten, um mit ihm zu plaudern. Er beobachte das Wachstum der Versuchspflanzen mit Spannung, berichtet er. Die Enkelinnen scheinen sein Interesse zu teilen, finden aber, die Zukunft schaue ja gar nicht so übel aus, seien doch die Pflanzen im wärmeren Haus bereits viel höher gewachsen. Die komplexen Zusammenhänge des Klimawandels in kindergerechter Sprache zusammenzufassen erweist sich für die gymnasialdidaktisch geprägten Lehrpersonen als ziemliche Herausforderung.
August: Maturitätsarbeiten machen Lust auf mehr
Die Projekte der 4. Klassen sind bereits vor den Sommerferien abgeschlossen worden. Über den Sommer werden die beiden Gewächshäuser zusätzlich für mehrere Projekte im Rahmen von Maturitätsarbeiten von Schüler:innen der KUE genutzt. Diese lassen es sich auch nicht nehmen, während der fünf Wochen Sommerferien zum Teil täglich vorbeizukommen und nach ihren Pflanzen zu schauen. Dabei sollen die erhöhten Temperaturen alternative Zukunftsszenarien der Erderwärmung simulieren, gegen welche Pflanzenwachstum und Widerstandsfähigkeit getestet wird. In diesem Zusammenhang wird zum Beispiel die Verwendung und Wirkung von bioaktivem Dünger (Komposttee) auf das Wachstum und den Ertrag von Radieschen untersucht.
Wir sind weiterhin dabei, die Nutzung der beiden Gewächshäuser an der Schule zu etablieren, zu verbessern und auf neue Weisen umzusetzen. In Zukunft werden sicher noch weitere Maturitätsarbeiten und andere innovative Projekte darin umgesetzt werden können.
Olivier Strauss & Moritz Rövekamp